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Söhne vermissen ihre Väter. Misslungene, ambivalente und erfolgreiche Vatersuche in der deutschsprachigen Erzählprosa nach 1945
Söhne vermissen ihre Väter. Misslungene, ambivalente und erfolgreiche Vatersuche in der deutschsprachigen Erzählprosa nach 1945. Marburg: Tectum, 2001 (monografija)
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Naslov
Söhne vermissen ihre Väter. Misslungene, ambivalente und erfolgreiche Vatersuche in der deutschsprachigen Erzählprosa nach 1945
(Sons are Missing their Fathers. Failed, Ambivalent and Successful Search of Father in the German Prose Fiction after 1945)
Autori
Uvanović, Željko
Vrsta, podvrsta i kategorija knjige
Autorske knjige, monografija, znanstvena
Izdavač
Tectum
Grad
Marburg
Godina
2001
Stranica
329
ISBN
3-8288-8266-8
Ključne riječi
psychoanalytische Literaturwissenschaft; Motiv der Vatersuche; misslungene; ambivalente und erfolgreiche Vatersuche
(psychoanalytic method of literature studies; motif of father search; failed; ambivalent and successful search of father)
Sažetak
Wie finden sich Söhne in der vaterlosen Gesellschaft zurecht? Wie kann ein Sohn ohne den männlichen Teil des Elternpaares mit der Aufgabe der Identitätsfindung fertig werden? Auf die Vatersuche nach 1945 konzentriert sich die vorliegende Arbeit. Neun deutschsprachige Autoren (Böll, Döblin, Härtling, Henisch, Harburger, Kunert, Schneider, Tumler und Walter) und deren Werke (Haus ohne Hüter, Hamlet, Nachgetragene Liebe, Die kleine Figur meines Vaters, Die Messe, Im Namen der Hüte, Vati, Aufschreibung aus Trient, Der Stumme) sind Gegenstand der Doktordissertation, die auf Motivforschung und psychoanalytisch interessierter Literaturwissenschaft beruht.
Izvorni jezik
Ger
Znanstvena područja
Filologija
Napomena
Doktorska disertacija na Filozofskom fakultetu u Zagrebu 2001. Mentor: prof. dr. sc. Vlado Obad RECENZIJA (Prof. dr. emeritus Walther Schoenau, Groningen, NL) ŽELJKO UVANOVIĆ: Söhne vermissen ihre Väter. Mißlungene, ambivalente und erfolgreiche Vatersuche in der deutschsprachigen Erzählprosa nach 1945. Marburg: Tectum Verlag 2001, 329 S. In alten Mythen und Sagen erschien das Motiv der Vatersuche in Gestalt einer abenteuerlichen Reise des Sohnes, welche nicht immer glücklich endete, denn oft führte die Begegnung mit dem wiedergefundenen Vater zu einem Zweikampf mit ihm, bei dem einer von beiden getötet wurde. Schon hieraus wird ersichtlich, daß das Motiv eng mit dem viel komplexeren und umfassenderen des Vater-Sohn-Konflikts verwandt ist. Dieses nimmt in Frenzels bekanntem Motivlexikon denn auch 17 Seiten in Anspruch, während das der Vatersuche in 12 Seiten behandelt wird. In dem vorliegenden Buch des kroatischen Germanisten Uvanovic (Universität Osijek) wird die moderne Vatersuche definiert als "ein mühevoller Weg der Erlangung der eigenen Identität durch Auseinandersetzung mit dem identifikationsfördernden gleichgeschlechtlichen Teil des Elternpaares" (S. 306) Was früher Wirklich eine Suche war, ist zu einem psychischen Prozeß, zu einer inneren Auseinandersetzung mit dem Vaterbild geworden. Der Verfasser untersucht diese Thematik mit einer Kombination aus literarischer Motivforschung und psychoanalytischer Literaturtheorie. Eine Untersuchung des Motivs des vermißten Vaters in einer Reihe deutscher Romane der Nachkriegszeit, wie sie hier unternommen wird, läßt eine Anwendung psychoanalytischer Gesichtspunkte sicherlich als schon vom Gegenstand her berechtigt erscheinen. Freilich folgt der Autor den Prinzipien der psychoanalytischen Literaturwissenschaft, die er in einer Einleitung kurz darstellt, nur zum Teil. Denn es ist ihm eigentlich um die soziale Wirklichkeit der vaterlosen Gesellschaft zu tun, wie sie sich in diesen Romanen spiegelt, wahrend die Literaturpsychologie eher die auf diese historische Realität antwortenden Phantasien zum Objekt hat. Daß der Verfasser diese sozialpsychologische Wirklichkeit mit Hilfe fiktionaler Werke erforscht, begründet er mit der "schonungsloseren Enthüllung" (S. 17), die die Maske der Fiktionalität - im Vergleich etwa mit autobiographischen Berichten ermögliche. So fehlt aber jeglicher Hinweis auf typische Phantasiestrukturen, wie die des Familienromans, die Kinder zu produzieren pflegen, wenn sie über fehlende Eltern zu phantasieren anlangen und deren Umrisse in der Dichtung immer wieder auftauchen. Marthe Robert hat das vorbildlich gezeigt. Der Verfasser hat für seine Dissertation neun zwischen 1954 und 1987 erschienene erzählerische Werke ausgewählt, in denen ein Sohn den abwesenden oder toten Vater vermißt und ihn mit der Seele sucht. Wie zu erwarten bei diesem Corpus, ist die Abwesenheit des Vaters meist durch die Zeitumstände, mit wenigen Ausnahmen durch den Zweiten Weltkrieg, verursacht, so etwa in Bölls Haus ohne Hüter (1954), in Döblins Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende (1956), in Kunerts Im Namen der Hüte (1967), in Herburgers Die Messe (1969), in Härtlings Nachgetragene Liebe (1980) und in Peter Henisch' Die kleine Figur meines Vaters (1987). Exemplarisch für die spezifisch deutsche Vatersuche in den frühen siebziger Jahren ist Peter Schneiders Erzählung Vati (1974). Der Sohn des berüchtigten KZ-Arztes Josef Mengele berichtet darin von seiner Reise nach Brasilien, wo er seinen Vater besuchte, um feststellen zu müssen, daß dieser seine Verbrechen keineswegs bereute und sich nach wie vor zu serner Nazi-Ideologie bekannte. Zusammen mit Herburgers Roman Die Messe, in dem der Sohn vergebens die Schuld des Vaters als KZ-Kommandant festzustellen versucht und in seiner Verzweiflung als Kompensation einen Lagerhäftling als Ersatzvater wählt, steht Schneiders Vati für tragisch mißlingende Vatersuche. Bölls sozialkritischer Roman von zwei vaterlosen Familien und der Parentifizierung der Söhne durch die Mütter, deren Ehemänner im Krieg gefallen sind und die ihren Söhnen eine Vaterrolle aufzwingen, wird vom Verfasser als Beispiel einer ambivalenten Vatersuche eingestuft, ebenso wie Otto F. Walters Der Stumme (1959), ein Roman, der eigentlich aus dem Rahmen fällt, weil darin die tragisch belastete Vater-Sohn-Beziehung nicht durch die Zeitumstände, sondern durch das individuelle Lebensschicksal bestimmt erscheint. In der Gruppe, die nach der Meinung des Verfassers eine erfolgreiche Vatersuche zum Thema hat. sind mit Ausnahme von Franz Tumlers Aufschreibung aus Trient (1965) ein Roman, der sich vor allem dem politischen Problem der Zugehörigkeit Südtirols widmet - die Schicksale von Vater und Sohn auch vom Krieg und seinen Folgen überschattet. Das ist der Fall in Döbins Hamlet-Roman, in dem der aus dem Krieg heimgekehrte und verstümmelte Sohn sich vorn Spuk der elterlichen Ehekonflikte befreit, ebenso wie bei Herrisch und Kuriert, und exemplarisch bei Härtling in seinem vielgelesenen autobiographischen Vaterbuch, in dem der Sohn, selber erwachsen geworden, erst spät zu einer ‚ nachträglichen' liebevollen Vaterbeziehung findet. Die anthropologische Grundsituation der Vater-Sohn-Beziehung, welche in Ermangelung des Vaters zu einer äußeren oder inneren Suche führen kann, weil die Identität des Sohnes davon abhängt, erscheint in diesen Romanen durch vielerlei Gefahren, durch die Zeitumstände von Krieg und Nachkrieg, durch innere Entfremdung oder Schuld bedroht. Es ist das Verdienst dieses Buches, daß es die psychischen, auch die unbewußten Aspekte dieser den Lebenslauf bestimmenden Beziehungskonstellation in ihren historischen Bedingungen und in ihrer spezifischen literarischen Gestaltung sichtbar macht. Vielleicht wäre das Ergebnis noch überzeugender gewesen, wenn die zeitbedingten Modifikationen des an sich zeitlosen Motivs schärfer herausgearbeitet wären. Die Begrenzung des untersuchten Corpus auf deutschsprachige Erzählprosa der Nachkriegszeit legt das auch nahe. Die Romane von Tumler und Walter, die nicht ganz in den Rahmen passen, hätten leicht durch andere ersetzt werden können. Die Studie hätte dann noch klarere Konturen bekommen. Groningen Walter Schönau DEUTSCHE BÜCHER. Forum für Literatur. Ur. Hans-Peter Ecker et al. God. 32 (2002), sv. 4, str. 323-326.