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Kant und Tolstoi über Freiheit und Geschichte (CROSBI ID 60088)

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Zovko, Marie-Élise Kant und Tolstoi über Freiheit und Geschichte // Verwandlungen. Dichter als Leser Kants. Sammelband der Beiträge des gleichnamigen Kolloquiums vom 15.-17. Juli 2013 / Waibel, Violetta L. ; Jakobsohn, Sarah C. ; Schaller, Philipp (ur.). Göttingen: V&R unipress, 2018

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Zovko, Marie-Élise

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Kant und Tolstoi über Freiheit und Geschichte

Die Frage nach der Freiheit des Individuums angesichts der unaufhaltsamen Voranschreitung geschichtlicher Ereignisse hat Tolstoi zeitlebens, und in besonders nachdrücklicher Weise zur Zeit der Verfassung von Krieg und Frieden, tief beschäftigt. Krieg und Frieden, der erste von Tolstois drei großen Romanen, entstanden 1868/1869, handelt von weltgeschichtlichen Ereignissen aus der Zeit der Napoleonschen Kriege, genauer gesagt von Ereignissen um Napoleon und Alexander zwischen dem Beginn des dritten Koalitionskriegs gegen Frankreich um 1805 und Napoleons Rußlandfeldzug in 1812. Die Ereignisse werden mittels der Lebensgeschichten zentraler Mitglieder von fünf adliger Familien aus den Kreisen um den Hof von Alexander I. dargestellt. Im Mittelpunkt stehen die Beziehungen der Familien Bolkonski, Rostow und Besuchow, allem voran die Erlebnisse des Fürsten Andrej Nikolajewitsch Bolkonski und Pierres, des unehelichen Sohns und Erben des Grafen Besuchow. Beide Männer suchen auf je eigenem Wege im Kontext ihrer sich entwickelnden Lebensumstände nach dem Sinn des Ganzen. Weltgeschichte und die Geschichte der Schlüßelfiguren werden im Roman so ineinanderverwoben, daß die Lebensgeschichte des Einzelnen sowohl als Folge von deren eigenen Lebensentscheidungen, wie auch als Resultat der Vorherbestimmung durch ihre Lebensumstände, Charakter und geschichtliche Lage, erscheinen, sodaß immer wieder die Frage aufgeworfen wird, welche Macht die Geschichte, welche die Entscheidungen des Einzelnen bestimmt, ob der bloße Zufall oder aber ein übergreifender Endzweck, und welche von beiden: das freie Handeln des Individuums oder der Zwang geschichtlich vorgegebener Bedingungen im Leben des Einzelnen sowie der ganzen Menschheit schließlich die Oberhand behält. Vor allem in den späteren Teilen von Krieg und Frieden, insbesondere bei der Schilderung der Schlacht von Borodino und in den beiden Epilogen, steht die Frage des Verhältnisses individueller Freiheit und des großen Laufs der Geschichte im Vordergrund. In der Zeit als er die letzten Bände von Krieg und Frieden verfasste, hat Tolstoi Schopenhauer studiert und bewundert, was sein Nachdenken über das Verhältnis von Freiheit und Geschichte eher deterministisch bestimmte. Die Fragen, die Tolstoi in den späteren Teile von Krieg und Frieden beschäftigen, haben aber ebenfalls andere Philosophen beschäftigt, die Tolstoi nachweislich schon als junger Mann gelesen hat. In Anlehnung an Schopenhauer, führt Tolstoi diese als Philosophen an, welche die Idee der Willensfreiheit ablehnen: Hobbes, Hume, Priestly, Spinoza und Kant. Letztere beide: Spinoza und Kant, haben am ausführlichsten und deutlichsten ihre Ideen zum Verhältnis von Natur und Freiheit, Kant dazu zum Verhältnis zwischen der Freiheit des Individuums und der Geschichte der Menschheit auseinandergelegt. Die Auslegungen Spinozas und Kants erweisen sich als besonders geeignet, das Verhältnis zwischen Freiheit und Naturnotwendigkeit, Freiheit des Individuums und dem Gang der Geschichte, in Tolstois Werk zu beleuchten. Durch den Vergleich wird die Einschränkung des Philosophen im Verhältnis zum Romanschriftsteller – und ebenfalls umgekehrt – die Grundunterschiedenheit der Tätigkeit des Romanschriftstellers im Verhältnis zum Philosophen, ins Blickfeld rückt. Die Aufgaben des Künstlers und die des mehr oder weniger systematisch denkenden und seine Gedanken exponierenden Philosophen zeigen sich dabei als fundamental verschieden und gewißermaßen sogar einander entgegengesetzt. Was will der Künstler, was der Philosoph mit dem Versuch, Klarheit hinsichtlich der für den Menschen so zentrale Frage des Verhältnisses zwischen Freiheit und Geschichte zu verschaffen? Wie ähneln sich und wie unterscheiden sich in dieser Hinsicht ihre Aufgaben? Nach I. Berlins Einschätzung in seinem berühmten Aufsatz "The Hedgehog and the Fox" zeigte Tolstoi eine geniale Begabung dafür, die kleinsten Details der Geschichte und der Persönlichkeit darzustellen, würde aber am Bestreben, die Geschichte des Geschlechts sowie das Leben des Individuums im Ganzen zu erfassen, durch die eigene Unfähigkeit, ein integrierendes Prinzip zu finden, das den Prozess als ganzen zu erklären vermöchte, verhindert. Diese sei Tolstois "Tragödie": "Er ist nicht, er ist weit davon entfernt, ein Igel zu sein ; und was er sieht ist nicht das Eine, sondern mit einem immerwachsenden Kleinheit, in seiner ganzen, wüchernden Individualität, mit einer obsessiven, unentgehlichen, alles durchdringenden Luzidität die ihn verrückt macht – das Viele." Was Berlin als Tragödie Tolstois ansieht, stellt jedoch in Wirklichkeit die eigentümliche Stärke des Romanschriftstellers dar. Denn der Philosoph ist gezwungen, in gedanklicher Konsequenz und mit durchgreifender Rationalität eine Gesamtdeutung von Natur und Geschichte zu suchen, auch wenn diese in der Wirklichkeit nicht vorliegt oder für unsere Auffassungskraft nicht auffindbar, oder nur indirekt erschließbar, ist, weil sie grundsätzlich unsere Vermögen des Verstehens und Begreifens übersteigt. Die Grenzen des Rationalen muß dennoch seiner Natur gemäß der Philosoph ausloten, und wird dabei gezwungen, von der unmittelbaren Erscheinung des Einmaligen immer wieder abzusehen, diese sozusagen verloren gehen zu lassen, um sich ins Kategoriale zu begeben – wenn auch nicht in seiner Gesamtdeutung so doch in der Weise seines wissenschaftlichen Redens und Schreibens. Der Romanschriftsteller dagegen darf und muß seiner Aufgabe gemäß das Einmalige der sinnlichen und geistigen Erscheinungen, der natürlichen und geschichtlichen Ereignisse, immer wieder und unter immer neuen Gesichtspunkten und Teilaspekten durch seine Kunst re- produzieren, sie durch das Medium seiner Kunst neu zum Leben erwecken. Es ist nicht die gleiche Wirklichkeit, die er dabei hervorbringt, keine bloße Nachahmung oder Wiederholung desselben, sondern eben eine Neuerschaffung einer eigenständigen Wirklichkeit, die als Geschöpf seiner einmaligen Vision eine einmalige Widerspiegelung, sowohl der ursprünglichen Schaffungskraft die Natur und Geschichte, wie auch des Geschaffenen selber, der Erscheinungen der Natur und der Geschichte, zum Vorschein bringt. Trotzdem, oder vielleicht gerade aufgrund dessen, darf das Kunstwerk einen universalen Geltungsanspruch erheben. In diesem Aufsatz werden entprechend mit Bezug auf zentrale Begriffsbestimmungen aus Spinozas Ethik und Kants Idee zu einer Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, sowie relevante Stellen aus Kants Kritiken, die Hauptzüge von Tolstois Überlegungen zum Verhältnis individueller Freiheit bzw. der Vorstellung individueller Freiheit im Hinblick auf den großen Gang geschichtlicher Ereignisse in den Blick gerückt. Dabei wird der Unterschied zwischen Tolstois künstlerischer Ansicht dieses Verhältnisses und der systematisch und rational aufbauenden Sicht der beiden Philosophen zu erläutern versucht.

Tolstoi ; Kant ; Spinoza ; Freiheit ; Geschichte ; Notwendigkeit ; Determinismus ; Künstler ; Philosoph ; das Individuum ; das Einmalige ; das Allgemeine ; das Universelle ; Kunstwerk

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engleski

Kant and Tolstoy on Freedom and History

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Tolstoy ; Kant ; Spinoza ; freedom ; history ; necessity ; determinism ; artist ; philosopher ; individual ; singular ; general ; universal ; the work of art

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Verwandlungen. Dichter als Leser Kants. Sammelband der Beiträge des gleichnamigen Kolloquiums vom 15.-17. Juli 2013

Waibel, Violetta L. ; Jakobsohn, Sarah C. ; Schaller, Philipp

Göttingen: V&R unipress

2018.

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Filozofija, Književnost